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Online-Konsultation zum Thema „Welche Landwirtschaft wollen wir?“ |
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Stellungnahmen
1. Wie beurteilen Sie die Kontroverse um bäuerliche und industrielle Landwirtschaft in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungen seit der Wiedervereinigung im Jahre 1989?
Die zukünftigen Konfliktfelder im Agrarbereich liegen nicht so sehr zwischen bäuerlicher und industrieller Landwirtschaft, sondern werden von der Kontroverse um nachhaltiges Wirtschaften geprägt. D. h. die Konfliktlinie trennt Betriebe, die dem „Diktat der Kurzfristigkeit“ (Prof. Töpfer) unterliegen, von denen, die sich den mittel- und langfristigen Konsequenzen ihres Handelns bewusst sind und an einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) arbeiten.
Auch die Landwirtschaft muss sich in Zukunft den negativen Folgen- und Nebenwirkungen ihrer Tätigkeit stellen und sich fragen lassen, welchen Beitrag sie zum Gemeinwohl leistet. Allein kurzfristiges Gewinnstreben kann nicht Ziel einer landschaftsprägenden Landwirtschaft sein. Es geht um Gewinnoptimierung und nicht um Gewinnmaximierung. Dabei müssen von allen Betrieben (ob bäuerlich oder industriell, ob ökologisch oder konventionell wirtschaftend, ob groß oder klein) vorrangig die landwirtschaftsspezifischen Umweltleistungen dokumentiert und kommuniziert werden. Hierbei spielt der Boden als wichtigstes Produktionsmedium der Landwirtschaft sowohl im Osten als auch im Westen – und dies nicht erst seit 1989 – eine herausragende Rolle.
2. Welche Landwirtschaft wollen Sie? Brauchen wir ein neues Leitbild?
Die Landwirtschaft braucht dringend das Leitbild der Nachhaltigkeit. Notwendig ist eine indikatorgestützte Landwirtschaft, die problemorientiert arbeitet. Für die Landwirtschaft ist die Nachhaltigkeit keine Frage der Wahl – sie ist eine zentrale Voraussetzung für die Betriebsführung. Hierzu gibt es schon praktikable Instrumente und Methoden des Nachhaltigkeitsmanagements, die sogar zu einer Zertifizierung führen können.
Folgende Systeme und Konzepte stehen zur Auswahl (einige davon – mit * gekennzeichnet - werden im „Netzwerk der Nachhaltigkeitshöfe“ der BLE schon berücksichtigt):
*DLG-NHZ (DLG-Nachhaltige Landwirtschaft - zukunftsfähig) Nachhaltigkeitszertifizierung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG)
*KSNL (Kriteriensystem Nachhaltige Landwirtschaft) der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft
*EMAS (Eco-Management and Audit System) europäisches Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung (Verordnung (EG) Nr. 1221/2009, „EMAS III“) auf der Basis des deutschen Umwelt-Audit-Gesetzes (UAG), (BGBl. I Nr. 63 vom 12.12.2011, S. 2509)
SOAAN (Sustainable Organic Agriculture Action Network) der IFOAM zum *Ökologischen Landbau
ISO 14001:2009 (internationale Umweltmanagementnorm)
ISO 26000:2010 (Leitfaden zur gesellschaftlichen Verantwortung)
RISE 2.0 (Response-Inducing Systainability Evaluation) der Berner Fachhochschule in Zollikofen
SMART (Sustainability Monitoring and Assessment RouTine) des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL)
AgBalanceTM (Bewertung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft) der BASF
Gemeinwohl-Bilanz (Nachhaltigkeitsbewertung) des Vereins zur Förderung der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) in Wien
DNK (Deutscher Nachhaltigkeitskodex) des Rates für Nachhaltige Entwicklung
Pro Planet von REWE
Sie müssten flächendeckend angewandt und ein bundesweites Testbetriebsnetz zur „Nachhal-tigkeit“ bzw. ein „Testnetz Nachhaltige Landwirtschaft“ (Prof. Breitschuh) aufgebaut werden.
Zukunftsfähige Landwirte brauchen ein funktionierendes Betriebsmanagementsystem, das den ökonomischen, ökologischen und sozialen Anforderungen der Nachhaltigkeit entspricht und diese transparent macht. Nur eine Landwirtschaft mit einem nachvollziehbaren und systematischen Nachhaltigkeitsmanagement sollte gefördert und unterstützt werden.
Für den Landwirt der Zukunft ist zudem ein glaubwürdiger „Nachhaltigkeitsbericht“ die beste Visitenkarte, die er vorzeigen kann.
Edmund A. Spindler, Hamm
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